
Kommt der COVID-19-Impfpass für Reisende?
Die erste Airline hat es schon angekündigt: Sobald es einen wirkungsvollen Impfstoff gibt und sie wieder international fliegt, möchte die australische Qantas nur noch Passagiere mit Impfpass an Bord erlauben. Qantas-Chef Alan Joyce hält das für die einzige Lösung zur Eindämmung der Pandemie innerhalb Australiens. Als Alternative käme nur eine 14-tägige Quarantäne für Einreisende in Frage. Das wäre für Touristen und Geschäftsreisende auf der einen Seite in den meisten Fällen wohl kaum eine Option und auf der anderen Seite ein immenser Logistikaufwand für Australien. Immerhin müssen die Kapazitäten für eine adäquate Isolierung von der Regierung – zudem womöglich kostenfrei – zur Verfügung gestellt werden.
Unter den (zukünftig) Geimpften hat Qantas sich damit ein USP erschaffen: Wer geimpft ist, fliegt doch eventuell auch gern mit und unter Geimpften.
Ganz anders sieht das die Chefin des Internationalen Touristikverbandes WTTC, Gloria Guevara. “Wir sollten niemals eine Impfung als Voraussetzung für einen Job oder eine Reise verlangen“, zitiert die Nachrichtenagentur “Reuters” Guevara. “Dem Kurs, den Qantas diesbezüglich eingeschlagen hat, kann ich überhaupt nicht zustimmen.”
Mich persönlich überrascht ihre Meinung sehr. Denn in viele afrikanische Länder ist eine Einreise nur mit einer Impfung gegen Gelbfieber möglich. Und hier geht es nur darum, sich individuell vor Mücken zu schützen und nicht um eine gegenseitige Ansteckung und Verbreitung unter Menschen.
AirAsia Group-CEO Tony Fernandes hält eine durchgängige Testung für den besten Weg, den internationalen Tourismus wiederzubeleben.
Die Lufthansa hält sich noch bedeckt. Sie möchte sich da noch nicht so festlegen und wartet sicherlich noch ein wenig, bis sich finanzielle Vorteile für sie ergeben. Unser Innenminister hat schon einmal angekündigt, dass Geimpfte keine Vorteile gegenüber Nicht-Geimpften genießen dürfen.
Wenig überraschend ist die Meinung des für Modernisierung und Innovation eh nicht bekannten DRV (Deutsche Reiseverband), der die Interessen von TUI und Lufthansa vertritt. Für beide Aktiengesellschaften würde eine Einschränkung der Kundenzahlen wegen der Bindung an eine Impfung mit Einbußen einhergehen.
Schauen wir uns die Institutionen an, die für den Flickenteppich der Ansichten, Einschätzungen und Meinungen einzelner Institutionen ein einheitliches Schema organisieren könnten:
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) der Vereinten Nationen prüft die Möglichkeit eines globalen elektronischen Impfpasses, um zu verhindern, dass alle Staaten der Erde ihr eigenes Süppchen hinsichtlich eines Immunitätsnachweises oder einer Impfung kochen. Wie schwierig es wird, alle knapp 200 Staaten der Welt unter einen Hut zu bekommen, können wir als Europäer nur zu gut nachvollziehen. Da klappt es ja häufig bei 27 Ländern schon nicht.
Auch die IATA (Internationaler Flugverband) arbeitet an einem digitalen Impf-Reisepass. IATA-Geschäftsführer Alexandre de Juniac bestätigte einer US-Zeitung, dass man bereits an einer entsprechenden Infrastruktur arbeite. Nach einer Impfung können sich Passagiere in eine Datenbank eintragen lassen, die dann mit der Reisepass-Datenbank verknüpft wird: “Der digitale Gesundheitspass würde die Test- und Impfstoffinformationen eines Passagiers enthalten und Informationen für Regierungen, Fluggesellschaften, Labors und Reisende verwalten und überprüfbar machen”, heißt es in dem Artikel.
Warum zumindest die Reise im Flugzeug kein Virustreiber ist, habe ich in diesem Artikel erklärt:
Impfpass ja oder nein?
Über die Einreisebedingungen entscheiden die einzelnen Staaten. Je länger die Pandemie dauert, desto wahrscheinlicher ist es, dass immer mehr Länder entscheiden, nur noch geimpfte Reisende aus dem Ausland die Einreise zu erlauben, um die Pandemie in den Griff zu bekommen.
Und das ist verständlich: Nicht jedes Land hat ein derart gut funktionierendes Gesundheitssystem wie Deutschland. Wenn also zu den eigenen Infizierten noch eine unbekannte Anzahl an reisenden Infizierten kommt, sind viele Länder sehr schnell an ihren Kapazitätsgrenzen und eventuell sogar schnell darüber hinaus. Die Osterinsel verfügt beispielsweise über 2 Beatmungsgeräte für ihre 7.750 Einwohner. Wenn nun wieder Touristen einfliegen, können die Kapazitäten unter Umständen schnell erschöpft sein.
Impfungen für Reisende kennt man generell aus Afrika. Für die Einreise in einige tropische Länder ist eine Gelbfieberimpfung vorzuweisen. Auch Gelbfieber ist eine Viruserkrankung, die durch Mücken übertragen wird.
Ich trage meinen Impfpass immer bei mir und habe eine Kopie in meinem digitalen Dokumentensafe.
Hauptsächlich wird die Diskussion über ein Einreiseverbot umgeimpfter Reisender von Ländern geführt, die die Pandemie sehr gut im Griff haben, darunter Australien und Neuseeland. Länder wie die USA, die sich in der Pandemiebekämpfung unter anderem wegen mangelnder Akzeptanz eher schwertun, halten sich bedeckt.
Ganz anders Griechenland und Italien: Ihnen kann es mit einer europäischen Lösung und einer Reisefreiheit für Geimpfte nicht schnell genug gehen. Die beiden von der Pandemie gebeutelten Staaten möchte mit dem Tourismus so schnell wie möglich wieder durchstarten. Wenn geimpfte Touristen ins Land kommen, können Infektionszahlen gering bleiben und Reisewarnungen (z.B. in Deutschland) womöglich ausbleiben. So hoffen die beiden beliebten Mittelmeerstaaten.
Unterstützung im Europäischen Parlament gibt es durch Manfred Weber (EVP). Er findet auch, dass Menschen, die sich selbst und andere durch eine Impfung schützen möchten, wieder mehr Freiheiten genießen sollten.
Freies Reisen für Geimpfte? Bis es soweit ist, muss natürlich jeder Bürger der Europäischen Union die Möglichkeit haben, sich impfen zu lassen. Share on X
Je mehr Länder auf eine Impfung bei Einreise bestehen, desto höher wird der Druck auf die Fluggesellschaften. Immerhin müssen sie die Impfpflicht vor dem Check-In prüfen und Passagiere ohne Nachweis abweisen. Wenn also zum Beispiel Qantas für die Einreise nach Australien einen Impfpass fordert, ist nicht davon auszugehen, dass Passagiere sich davon befreien können, indem Sie beispielsweise mit Lufthansa (bzw. Singapore Airlines oder Emirates) nach Australien reisen.
Gesundheit und Sicherheit: Unser höchstes Gut In Zukunft werden Gesundheit und Sicherheit einen hohen Stellenwert auf Reisen haben. Schon bei der Planung unserer Reisen werden wir viel besser abwägen müssen, wie hoch ein Ansteckungsrisiko unterwegs ist. Die Zeiten, in denen wir sorglos indigene Völker in Papua-Neuguinea oder Gorillas im Regenwald besuchen oder uns unter Einheimische mischen konnten, sind erst einmal vorbei. Bei einer Übertragung des Virus’ auf ein abgeschieden lebendes Volk oder die seit einigen Jahren wieder wachsende Population der Berggorillas, könnte diese vollkommen ausrotten. Mit oder ohne Impfung – wir müssen uns und unsere Umwelt in Zukunft viel besser schützen. Ich setzte mich mit meinen internationalen Partnern für Ihre Sicherheit ein!Stephanie Gräf | Reiseagentin & Inhaberin
Darf es Vorteile für Geimpfte geben?
Ganz klar: JA!
Jedes Restaurant, jede Fluggesellschaft, jedes Theater, jeder Konzertsaal genau wie Fluggesellschaften und Reedereien darf selbst entscheiden, wem er Zutritt gewährt. Ebenso wie Sie in vielen Restaurants eine Kleiderordnung haben und zum Beispiel nur mit langer Hose, Jacket oder Schlips (manchmal auch nur nicht in Badekleidung oder mit nacktem Oberkörper) eintreten dürfen. Es herrscht Hausrecht vor. In der freien Wirtschaft kann jeder selbst entscheiden, mit wem er Verträge abschließt.
So darf auch den sogenannten “Maskenverweigerern” das Boarding untersagt werden und Fluggesellschaften wie British Airways, Delta Airlines und American Airlines haben einigen Passagieren diesbezüglich bereits medienwirksam ein lebenslanges Flugverbot ausgesprochen. Das schafft Vertrauen unter denjenigen, die sich selbst und ihre Mitmenschen schützen möchten. Ich kann mir gut vorstellen, dass Hotels und Restaurants in Zukunft damit punkten können.
Unser Gesundheitsminister Jens Spahn (und andere Politiker) setzen sich dafür ein, Geimpften keine Privilegien zuzugestehen. Aus Sicht der Politiker finde ich eine gewisse Neutralität ganz passend, um den Kritikern nicht noch mehr Futter zu geben.
Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner, möchte hingegen prüfen lassen, ob das AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) zugunsten Ungeimpfter angepasst werden kann. Bisher verbietet es im privaten Sektor nur die Benachteiligung wegen der „Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität“. Hier könnte eine „Impfung“ als neues Kriterium angefügt werden. [Zum AGG]
Zum jetzigen Zeitpunkt, im Januar 2021, sind das alles nur Ideen und Meinungen. Vorteile für Geimpfte kann es meines Erachtens eh erst geben, wenn alle zumindest die Möglichkeit hatten, sich impfen zu lassen. Das wird vor dem Herbst 2021 wohl nicht der Fall sein. Eher sogar später. Immerhin möchten Clubbetreiber nicht für 80-Jährige öffnen, während die 20-Jährigen draußen bleiben müssen (aber wieso eigentlich nicht? ;-)).
Ebenso ist Sachsen-Anhalt nun vorgeprescht und hebt die Quarantäne für Geimpfte bei Einreise aus einem Risikogebiet auf. Des Weiteren könnten Geimpfte darauf bestehen, dass Ausgangssperren und Alkoholverbote für sie nicht gelten.
Ich glaube, es wird noch sehr bunt!
Immerhin ist in Deutschland keine Impfpflicht geplant, aber wie gesagt, am Ende wird es bestimmt mindestens eine europäische und wenn nicht sogar eine globale Lösung geben. Griechenland und Italien kann es nicht schnell genug gehen. Sie preschen mit dem Wunsch nach einer Impfpflicht voran.
Ganz gegen den Wunsch Jair Bolsonaros hat das Oberste Gericht Brasiliens hingegen bereits im Dezember anders entschieden: Ungeimpften soll die Ausstellung eines neuen Reisepasses, die Fahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln sowie der Zutritt zum Supermarkt verwehrt bleiben. Auch Geldstrafen sind möglich. Man kann die Impfung ablehnen, muss aber mit den Konsequenzen leben.
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Für die stark gebeutelte Reise- sowie Eventbranche ist der Impfstoff die große Hoffnung. Die Veranstalterbranche hat zuletzt bereits öffentlich davon gesprochen, den Impfpass als Zugangsvoraussetzung für die Teilnahme an Konzerten und anderen Events zu fordern.
Allerdings wird die Impfung keinen Freifahrtschein für ein Leben à la 2019 offenbaren. Es soll noch nicht feststehen, wie lange die Immunität durch die Impfung anhält und auch nicht, ob man selbst trotzdem noch andere anstecken kann. Mund-Nase-Masken werden uns also noch lange weiter begleiten.
Wie wird der Impfpass aussehen?
Ich weiß nicht, ob der Impfpass gelb sein wird, so wie der uns bekannte für Masern, Mumps, Tollwut und Kinderlähmung. Immerhin ist unser gelber Impfausweis nach den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mehrsprachig und somit weltweit anerkannt.
Eventuell wird es in Zukunft aber auch erst gar keinen physischen Nachweis mehr geben. Wieso sollte man nicht gleich auf einen digitalen Pass umsteigen? In Deutschland ist ja ab 2021 die ePA, die Elektronische Patientenkarte, geplant. Jedoch ist diese nicht für ausländische Ärzte einsehbar – und hier soll es ja um Lösungen für Reisende gehen.
Vielleicht wird die Impfung auch an den Reisepass (und für Deutsche auch an den Personalausweis) gekoppelt sein? Oder eine gesonderte Datenbank, wie die IATA (siehe oben) gerade testet?
Ich kann mir gut vorstellen, dass eine Teilnahme an vielen sozialen Aktivitäten – auch im Inland – an einen Impfnachweis gebunden sein wird.
Werden Sie sich impfen lassen?
Laut einer Umfrage von Civey möchten sich mehr als 53% aller Deutschen impfen lassen, dazu kommen noch einmal 15%, die zu einer Impfung tendieren. Nur 16,1% möchten sich auf keinen Fall impfen lassen und knapp 7% sind unentschieden.
Teilen Sie uns Ihre Meinung hier in den Kommentaren mit.